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STORIES Cord von Bumpin B Februar 2001
Etwa drei Monate später, ließ der Statthalter von Godul namens Landros verlautbaren, daß er entschieden habe, die wahre Lehre seiner Vorväter in die Welt zu tragen und einem Volk, das man die Barbaren des Nordens nannte, die heiligen Schriften zu lehren. Diese Menschen lebten sehr weit entfernt. Landros hatte von ihnen gehört und nicht die geringste Ahnung worauf er sich da einließ, doch niemand widersprach. Während die Vorbereitungen getroffen wurden, erschien Cords Vater bei Wolfric, dem Expeditionsleiter, um ihn zu bitten seinen Sohn auf diese heilige Reise mitzunehmen. Wolfric war nicht angetan von der Idee, da der Knabe noch nicht einmal das neunte Lebensjahr vollendet hatte. Doch ließ er sich dazu überreden, ihn als seinen Knappen anzustellen. So kam es, daß der Junge gemeinsam mit zwölf Geistlichen, zwanzig Kriegern zu ihrer Bewachung, Wolfric und dem Statthalter selbst in Richtung Westen aufbrach. Der Weg war lang und beschwerlich und trotz der Gefahren auch langweilig für den Jungen. Der Leiter des Kreuzzuges hatte keine Zeit für ihn und die Kämpfer behandelten ihn schlecht, so verbrachte er seine Zeit mit den Priestern, die ihn mit den heiligen Worten vertraut machten und die Fähigkeit zu lesen, die er vom alten Bayn erlernt hatte, weiter förderten. Es ging nur schleppend voran, da Landros immer wieder große Pausen einlegte und trotz Protests Wolfrics mehrmals die Richtung änderte. Dennoch erreichten sie schließlich Docard, eine kleine Hafenstadt an der Sea of Light, allerdings war es bereits Herbst und die Stürme tobten, so daß kein Schiff mehr in Richtung Great Ocean in See stach. So hieß es Warten auf die Zeit nach den Herbststürmen. Während die Soldaten in Wirtshäusern einquartiert wurden, suchten die Männer Gottes in einem nahegelegenen Kloster Zuflucht und nahmen Cord mit sich. Dort beendete er in den folgenden Monaten seine Ausbildung zum Priester und predigte bald darauf das erste Mal zu den versammelten Mönchen. Sein Gebet war besonders kraftvoll und diese Energie übertrug sich auf alle seine Zuhörer. Etwas magisches wohnte seinen Worten inne. So wurde er auch herbei gerufen, als der Abt im Sterben lag. Doch die Segnung Cords ließ den kranken Mann plötzlich genesen und wieder zu alter Stärke gelangen.
Der Frühling neigte sich seinem Ende zu und Wolfric drängte auf eine Fortsetzung der Reise, so nahm man denn von Docard Abschied und ging an Bord des ersten Schiffes, das nach Kingsport auslief. Sie planten den Great Ocean zu befahren, bei den Amazonen von Skovos Vorräte aufzunehmen und schließlich Westmarch zu erreichen. Aber die Götter waren nicht mit ihnen und so sollte die gefährliche Reise ein baldiges Ende finden. Es geschah, nachdem sie bereits die Südspitze Kehjistans umsegelt hatten, daß ein gewaltiger Sturm das Schiff erfaßte und es von der Küste wegtrieb, was jedermann die Orientierung verlieren ließ. Der Himmel war Wolken verhangen, so daß eine Navigation nach den Sternen unmöglich war und kein Mondlicht hätte irgendein Hindernis rechtzeitig erkennen lassen. Trotzdem entschied der Kapitän die Reise sofort fortzusetzen. Er war sehr erfahren und vielleicht überschätzte er auch seine Fähigkeiten ein wenig. Er ließ mit Hilfe des Kompasses einen Kurs in Richtung Norden bestimmen, wo das Festland liege müßte, und die Segel setzen. Wirklich schon kurz darauf fanden sie Land, doch anders als sie erwartet hatten. Mit einem jähen Ruck lief das Schiff an der steinigen Küstenlinie auf und schlug leck. Es bewegte sich, neigte sich und begann langsam zu sinken. Panik und Schreie des Entsetzens überall. Selbst die wenigen Männer, die schwimmen konnten, hatten wenig Chance zu überleben, denn der Wind war immer noch stark, die Wellen immer noch hoch, sich zurechtzufinden fast unmöglich. Am nächsten Morgen wurden die Leichen an den Strand gespült und von den Einheimischen neugierig und mit Schaudern betrachtet. Sie begannen die Toten zu bestatten, bis plötzlich eine Frau sehr aufgeregt berichtete, daß ein Junge überlebt hätte. Es war Cord. Seine Retter, die einem kleinen Clan von Magiern angehörten, nahmen ihn bei sich auf und er lebte bei Szatrus, dem ältesten Mann im Dorf und seiner Frau Lutania, die ihn gefunden hatte. Da die beiden nie eigene Kinder gehabt hatten, behandelten sie ihn wie ihren eigenen Sohn und Cord fühlte sich mehr als wohl bei ihnen, dennoch plagte ihn das Heimweh, so daß er jeden Händler oder Abenteurer, der das abgeschiedene Dorf besuchte, nach Godul oder Ureh befragte, doch keiner von ihnen konnte ihm Auskunft geben. Szatrus, den dieser Zustand mit Trauer erfüllte, versuchte ihn seine Heimat vergessen zu lassen und unterrichtete seinen Schützling in der Kunst der Anwendung von Magie. Cord war sehr gelehrig und da er lesen konnte, studierte er auch allein die alten Bücher. Doch sein Meister empfahl ihm nur zwei Zaubersprüche, die ihm wirklich gefielen zu erlernen. Der kleine Clan wurde immer wieder von den umliegenden Dörfern angegriffen und unter diesem Eindruck traf er seine Entscheidung. Die Jahre vergingen und all die Zeit hatte sich der Junge wirklich nur zwei Sprüche angeeignet, diese aber bis zur Perfektion verfeinert. Szatrus war stolz, denn Cord hatte gut gewählt. Beide Zauber verlangten ein hohes Maß an innerer Energie, doch sein Ziehsohn schien fast unerschöpflich darüber zu verfügen.
Es war eine Zeit großer Depression in dem kleinen Magierdorf. Die Feinde
waren zwar dank des nun erwachsenen Cord in die Flucht getrieben worden, doch der
Dorfälteste lag im Sterben. Szatrus verbat sich jegliche Form von Einmischung
in seinen Kampf mit dem Tod und sein Lehrling wagte es deshalb nicht ihm zu
helfen, obwohl er es gekonnt hätte.
Blitze zuckten über den grauen Himmel. Es schneite und der kalte Wind war schneidend. Cord konnte kaum die Hand vor Augen sehen, als er plötzlich von einer Handvoll halbnackter Krieger umringt war. Ohne Vorwarnung ließen sie ihre mächtigen Keulen und Hämmer auf ihn herabsausen. Als er wieder zu sich kam, blickte er in das vom Wetter gezeichnete, aber freundliche Gesicht eines jungen Mädchens. „Die Götter wollten, daß du lebst...“ sagte sie und winkte einen der Hünen zum Krankenbett heran. „Ich bin Bardulf. Du hast unseren Angriff überlebt, also wollen die Götter nicht, daß stirbst. Wir werden dich gesund pflegen und dann bist du frei, zu gehen woher du kamst... Deine Tracht weist dich als Mann des Südens aus, doch deine Züge verraten mir, daß du aus dem Osten stammst.“ Gern hätte Cord geantwortet und seinem Gegenüber viele Fragen gestellt, doch seine Stimme gehorchte ihm noch nicht wieder. Die Tochter Bardulfs versorgte den Verletzten mit Hingabe und erzählte ihm von den Heldentaten des Vaters, der viel gesehen und gegen üble Kreaturen gekämpft hatte. Jetzt war er nach Hause zurückgekehrt, gerade rechtzeitig, um bei der Verteidigung der Siedlung gegen den Nachbarstamm zu helfen. Cord mochte das Mädchen sehr und sie mochte ihn, doch Bardulf schien seinen unfreiwilligen Gast zu hassen. Eines Abends versammelten sich alle Männer des Stammes vor dem Haus. Sie besprachen sich und brachen dann gemeinsam auf, um das gegnerische Lager anzugreifen. Kaum waren sie weg, drangen die Feinde in das Dorf ein und töten die Frauen und Kinder, die ihnen in die Hände fielen. Cord hörte die Schreie, doch konnte nicht viel tun, denn obwohl es ihm besser ging, wollten sich seine Beine nicht regen. Er warf sich auf den Boden und zog sich zur Tür, stieß sie auf und mußte in diesem Moment mit ansehen, wie seine Wohltäterin niedergeschlagen wurde und blutüberströmt zusammenbrach. Cord sandte mehrere Energiestöße aus, die einige der Angreifer niederstreckten, dann erzeugte er Energiewälle, um sie davon abzuhalten weiter in den Ort vorzudringen. Als Bardulf mit seinen Kriegern unverrichteter Dinge zurückkehrte, erwartete ihn zunächst ein grausiges Bild. Viele Dorfbewohner waren getötet worden. Doch glücklicherweise hatten auch mindestens ebenso viele überlebt. Diese begrüßten ihre Männer und Väter mit großer Freude. Bardulf ging weiter durch die verbrannten und verkohlten Überreste seiner ehemaligen Widersacher, doch seine Tochter lief ihm nicht entgegen. Als er bei seinem Haus angekommen war, fand er sie tot in den Armen des ermatteten Cord. Ein Schrei drang aus seiner Kehle und er wandte sich ab.
Am nächsten Tag sollte die endgültige Vernichtung des feindlichen Stammes auf dem Schlachtfeld erfolgen. Cord bettelte von seinem Lager aus, man möge ihn mitnehmen und obwohl sein Gastgeber ihm nicht traute und nicht genau wußte, was in der Nacht zuvor vorgefallen war, überredeten die anderen ihn, der Bitte nachzukommen. Die Krieger beider Stämme stellten sich jeweils in einer Reihe an zwei gegenüberliegenden Hängen auf. Um dem Magier Cord einen Überblick zu verschaffen und ihn aufrecht stehen lassen zu können, banden die Männer ihn auf der Spitze eines schräg vor ihrem Hang liegenden Hügels an ein Kreuz. Als sie gegangen waren, entfernte Cord den Korken eines kleines Fläschchens, das er an einem Band um den Hals trug. Eine grüne Wolke hüllte ihn daraufhin ein. Mächtige Schreie und Waffenrasseln kündeten vom Beginn der Entscheidungsschlacht. Cord segnete so viele wie möglich von den Seinen und erschuf schier undurchdringliche Energiewälle am Hang der Anderen. Seine Beschwörungen hallten durch das Tal, in dem die Parteien aufeinanderstoßen würden. Einige Gegner starben, bevor sie überhaupt das Schlachtfeld erreicht hatten, die anderen waren geschwächt. Der Schnee färbte sich rot und einige Energiewirbel, ließen dunkle Erde aufstieben, wenn sie das Ziel verfehlt hatten. Von beiden Händen aus schickte Cord Boten seiner Macht in die Reihen derjenigen, die das Mädchen ermordet hatten, das ihm immer wohl gesonnen war.
Die gegnerischen Krieger hatten schnell erkannt, welche Gefahr von dem Kreuz ausging und eine Gruppe stürmte aus diesem Grunde den Hügel, um den Magier hinterrücks abzuschlachten. Doch als sie näherkamen, spürten sie, wie sie sich schlechter fühlten. Der erste Mann war bereits zu nah gekommen und fiel in den Schnee, die anderen flohen vergiftet ins Tal. Die Schlacht währte nicht lang und die siegreichen Krieger stimmten ein lautes Hurra an. Sie bejubelten den großartigen Erfolg angesichts der geringen eigenen Verluste und der umfassenden Niederlage der Gegenseite. Zwei gesegnete Soldaten, denen das Gift deshalb nicht gefährlich werden konnte, befreiten den Magier aus seiner Lage, verschlossen das Fläschchen und zogen dann gemeinsam mit den anderen, ihren Helfer auf den Schultern tragend, in das heimatliche Dorf ein. Erneut feierte man den Sieg.
Als sich alles wieder beruhigt hatte und das Fest längst vorüber war, trat Bardulf an Cord heran. „Ich danke dir, daß du meinen Schmerz gelindert hast. Ich werde... Ich werde dich zu den Hexen bringen und dann werde ich dich trainieren, solange bis deine Beine wieder deinem Willen gehorchen.“ Eine Woche später machten sich die beiden auf den Weg, der Dorfschmied hatte Cord zum Dank für seinen Einsatz einen Schild gefertigt, der einen Hügel mit einem Kreuz darauf zeigte. Auch dessen Gewicht mußte Bardulf zusätzlich zu dem der Trage, die er hinter sich her schleifte, auf sich nehmen, aber es war ein leichtes für ihn. Unbeirrbar stampfte der Recke durch den Schnee, abgesehen von den kurzen Pausen in den immer weiter nördlich liegenden Siedlungen. Nachdem sie die letzte besucht hatten, waren es nochmals drei Tage und Nächte Weg, bis sie schließlich die Höhle der Hexen erreichten. Von weitem sah man den Feuerschein, doch etwas schien nicht zu stimmen. Bardulf begann, trotz all der Strapazen, die er hinter sich gebracht hatte, zu laufen und er tat gut daran, denn in der Höhle tobte ein Kampf zwischen den Feuerzauber anwendenden Damen und einer Unzahl widerlicher Kreaturen, die direkt aus der Hölle zu kommen schienen. Es waren zu viele. Selbst wenn die Hexen starke Zaubersprüche anwandten, so war es nur eine Frage der Zeit, wann ihre Kraft, das nicht mehr zuließe und sie getötet würden. Ohne nachzudenken, griff Bardulf deshalb zu seinem Schwert und streckte die ersten Monster nieder. Cord hatte sich inzwischen aus den eingeschneiten Decken befreit und wurde gewahr, was sich um ihn herum abspielte. Von seiner Trage aus, half er Bardulf und den Hexen durch seine Zauberkraft.
Nachdem der Kampf beendet war und alle Geschöpfe der Finsternis darnieder lagen. Brachte Bardulf sein Anliegen vor. Doch die Hexen wandten sich direkt an Cord. „Du bist kein normaler Mensch. Das können wir spüren. Deine Kraft reicht aus, dich von jeder Verletzung oder Krankheit selbst zu heilen, langsamer jedoch, als wenn du einem anderen hilfst. Es braucht Zeit. Wir können dir nicht helfen, aber als Belohnung dafür, daß ihr uns geholfen habt, sollt ihr jeder eine magische Fähigkeit erhalten, die sonst nur den Hexen des Nordens und großen Zauberern vorbehalten ist.“ Bardulf schüttelte den Kopf. „Nein, ihr wißt, daß wir diese Art von Magie fürchten und ich brauche so etwas nicht, gebt deshalb beide Fähigkeiten meinem Freund. Ich schulde ihm sehr viel.“ Die Hexen willigten ein und wiesen den Nordmann an, vor der Höhle zu warten, dann begannen sie ihre Formeln über dem liegenden Cord zu murmeln. Ein kurzer Schmerz und ein kurzes Aufflammen von Feuer in seinen Augen, dann war die Zeremonie beendet. „Es ist kalt hier, so haben wir uns über Jahrhunderte mit den Magien beschäftigt, die das Feuer beschwören. Zwei davon kannst nun auch du anwenden und jetzt verlaßt uns...“ Cord rief Bardulf und beide machten sich auf den Rückweg.
Sobald man den Ausgangspunkt der Reise erreicht hatte, begann für Cord das
Training. Tag für Tag übte Bardulf mit dem Magier und die Jahre zogen ins Land.
Der von der Körperkraft her eher schwächliche Zauberer war zu einem stattlichen
Kämpfer geworden und seine Verletzungen waren tatsächlich geheilt. Der
nordische Krieger hatte sein Versprechen eingelöst, doch Cord bat ihn nun um
einen weiteren Gefallen, denn nach wie vor war es sein Anliegen, in die Stadt
seiner Geburt zurückzukehren. Er wußte, daß sein Freund bereits dort gewesen
war und er wußte nun schon länger, daß er in Richtung Osten wandern mußte, doch
hoffte der junge Mann mit Bardulf als Begleiter sein Ziel schneller zu
erreichen. Dieser überlegte nicht lang, denn in seinem Dorf hielt den
Abenteurer nichts mehr.
Kreaturen der Finsternis überall, Gestank, Fäulnis und Verwesung. Nur ein Haus
war unversehrt geblieben, das Geburtshaus Cords. Er ließ Bardulf verwundert
stehen und lief zu dem Haus. Ein junger Mann trat ihm jedoch bereits entgegen
und bat ihn hereinzukommen.
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